Aktuell wirkt es fast wie ein Bild aus einer anderen Zeit. Dabei ist es kaum ein Jahr her, seit der große E-Scooter-Boom begann und vor allem junge Menschen fröhlich mit Elektrorollern durch die Städte flitzten. Aus diesem Hype wollten damals zahlreiche Firmen Profit schlagen und warfen hektisch neue Modelle auf den Markt. Das Problem: Viele der E-Scooter waren hoffnungslos überteuert, andere sogar bedenklich bei der Sicherheit. Heute ist das anders, gute elektrische Roller gibt es bereits für unter 500 Euro. COMPUTER BILD hat fünf Exemplare durch den Hamburger Hafen gejagt.
E-Scooter Vergleichtest
Erstaunlich, was sich innerhalb nur eines Jahres auf dem Markt getan hat!
Foto: COMPUTER BILD

E-Scooter im Test: Auf die Plätze ...

Beim Test im vergangenen Jahr musste COMPUTER BILD vor der Probefahrt noch mühsam verwirrende Bausätze zusammenschrauben. Davon bleiben Käufer der neuen Roller verschont: Alle Testkandidaten kamen fast komplett montiert, nur wenige Schrauben musste COMPUTER BILD mithilfe von beigelegtem Werkzeug anbringen. Alles andere – etwa Reflektoren, Kennzeichenhalter oder Beleuchtung – war bereits angebracht. Also gleich losfahren? Nicht ganz: Wer sich von dem auf den Kartons gut sichtbar angebrachten Hinweis "STVO-zugelassen" zu einer sofortigen Ausfahrt hinreißen lässt, begeht eine Straftat! Legal abdüsen dürfen nur Piloten, die am Kennzeichenhalter ein gültiges Nummernschild aufkleben. Das kostet auch nicht die Welt: Bereits ab 19 Euro pro Jahr gibt es bei vielen Versicherern die Kfz-Haftpflichtversicherung inklusive Kennzeichen für die E-Scooter. Aufgepasst: Die Versicherer verlängern E-Roller-Nummernschilder nur selten automatisch. Die Klebe-Kennzeichen sind jeweils ein Jahr bis Ende Februar gültig, genau wie 50-ccm- Roller- oder Mofa-Kennzeichen auch. Danach erlischt der Schutz und muss erneuert werden.

Die besten E-Scooter bis 500 Euro

E-Scooter im Test: Grundregeln to go

Die Regeln für das Fahren mit E-Scootern sind seit 2019 unverändert: Das Mindestalter für Fahrer liegt bei 14 Jahren, eine Helmpflicht gibt es nicht. E-Roller dürfen ausschließlich auf der Straße oder ausgewiesenen Fahrradwegen fahren. Gehwege und Fußgängerzonen sind tabu. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit liegt bei 20 km/h. Zudem gelten für E-Scooter-Piloten dieselben Promillegrenzwerte wie für Autofahrer, inklusive der verschärften Bedingungen für Führerschein-Neulinge in der Probezeit – obwohl für einen E-Scooter kein "Lappen" notwendig ist. Ebenfalls wichtig: Es ist zwar oft zu sehen, aber zu zweit auf einem Roller zu fahren, ist nicht erlaubt. Und zwar aus gutem Grund, denn die Zweiräder sind nicht für das hohe Gewicht ausgelegt.

E-Scooter im Test: Viel Roller fürs Geld

Nun zum eigentlichen Scooter-Test: Wichtigstes Kriterium für die Teilnahme war der Preis. Kein Roller im Feld kostet mehr als 500 Euro! Natürlich müssen Käufer im Vergleich zu Top-Scootern wie dem Egret Ten V4, dem Testsieger aus dem vergangenen Jahr, Abstriche machen. Doch auch für wenig Geld ist viel möglich. Der günstigste Testkandidat stammt von EM2GO. Der FW103-ST kostet 259 Euro und damit satte 1.200 Euro weniger als der Egret Ten V4. Selbst das teuerste Modell, der Trekstor EG3168, liegt mit 450 Euro weit unter dem Preis des Top-Gefährts. Wer zu diesem Tarif klapprige Roller erwartet, die nach einer Ausfahrt in die Werkstatt müssen, täuscht sich. Die Nachteile im Vergleich zur Königsklasse sind überschaubar. So fehlt es vor allem an Reichweite, cleveren Transportfeatures, hochwertiger Luftbereifung und höhenverstellbaren Lenkern. Nur für die Fahrt ins Büro, den Abstecher zur Post oder zum Bäcker braucht es das aber auch nicht.
5 unter 500 Euro: E-Scooter überraschen im Test Größe und Art der Reifen haben einen großen Einfluss auf den Komfort. Die beste Mischung bietet Denver: 23 cm Durchmesser und luftgefüllte Pneus.
Größe und Art der Reifen haben einen großen Einfluss auf den Komfort. Die beste Mischung bietet Denver: 23 Zentimeter Durchmesser und luftgefüllte Pneus.
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E-Scooter im Test: Wie man sich bettet ...

Viel wichtiger sind Komfort und Sicherheit des E-Scooters, die müssen auch auf der Kurzstrecke stimmen. Im Test überraschten alle Modelle mit ausgesprochen guten Bremsen. Spitzenreiter war der Denver SCO-85351 mit 1,4 Metern durchschnittlichem Anhalteweg, Schlusslicht war der IconBit IK-1969K mit – immer noch guten – 2,43 Metern. Auch die Reifen der "Billig-Scooter" überzeugten. Selbst der kleine EM2GO FW103-ST bietet einen Luft-/Vollgummi-Reifen-Mix mit 20 Zentimetern Durchmesser und somit zumindest einen erträglichen Komfort auf Asphalt. Beim Denver SCO-85351 gibt es sogar eine Luftbereifung mit satten 23 Zentimetern Durchmesser und damit eine Eigendämpfung, die vormals teuren E-Scootern vorbehalten war. Die anderen Kandidaten setzen auf Vollgummi-Bereifung, wobei TechnoStar und IconBit durch eine spezielle Wabenstruktur im Reifen zumindest etwas Eigendämpfung bieten. Der TechnoStar TES 200 E-Rich, der Trekstor EG3168 so- wie der IconBit IK-1969K haben zudem eine Heckfederung, die Stöße durch unebenen Untergrund zumindest ein wenig ausbügelt.

E-Scooter im Test: Volle Power! Oder nicht?

Trotz allen Lobs für die günstigen E-Scooter: Die Frage, wie Spottpreise unter 500, 400 oder gar 300 Euro überhaupt möglich sind, muss gestellt werden. Die Antwort findet sich im Rahmen und im Hinterreifen – das Sparpotenzial ist bei den Motoren und der Batterie offenbar am größten. Und auch wenn die maximal erlaubten 20 km/h kein Wahnsinnstempo sind, schafften es nicht alle Testkandidaten mit Leichtigkeit. Keinerlei Probleme hatten die Modelle von TechnoStar, IconBit und Trekstor. Der TES 200 E-Rich erreichte die Höchstgeschwindigkeit in 5,4 Sekunden, die anderen beiden folgten jeweils eine Sekunde später. Der E-Scooter von Denver hingegen rollte nach gemächlichen 10 Sekunden auf Top-Speed. Noch langsamer war der EM2GO, der erst nach 12 Sekunden Höchstgeschwindigkeit erreichte – und zwar von 18 km/h. Den maximal erlaubten Speed gab’s nur mit Rückenwind und Antreten.
E-Scooter Bremstest
Große Überraschung beim Bremstest: Der große Vergleich 2019 (Ausgabe 19/2019) offenbarte teils massive Probleme mit den Bremsen. Viel zu lange Anhaltewege von 4 Metern waren leider keine Seltenheit. Im aktuellen Testfeld der "5 unter 500" gab es hingegen keine negativen Ausreißer.
Foto: COMPUTER BILD

E-Scooter im Test: Schon Schluss? Die Reichweite!

Wenig überraschend: Kein Roller im Test toppte die beeindruckende Bestleistung des Egret Ten V4. Dem ging bei der Testfahrt im vergangenen Jahr erst nach 53 langen Kilometern der Saft aus. Diesmal fielen die Ausflüge deutlich kürzer aus. Die Teststrecke befand sich in der Hamburger HafenCity und bot einen idealen Mix aus Fahrradstraße, glattem Asphalt, Steigungen, Kopfsteinpflaster, steilen Abfahrten und leicht unebenen Baustellen-Abschnitten. Bei rund 10 Grad Celsius und vollem Akku ging es für die Roller möglichst bei voller Geschwindigkeit auf die Piste, bis der Elektromotor nicht mehr weiter trug oder der E-Roller unfahrbar war. Nach nur 10,5 Kilometern der erste Ausfall: Der EM2GO blieb stehen, die mickrigen 158 Wattstunden des Akkus waren erschöpft. 500 Meter weiter kapitulierte der Trekstor – obwohl er mit 216 Wattstunden und, laut Hersteller, 18 Kilometern Reichweite noch lange nicht hätte schlappmachen dürfen. Etwas weiter ging es für den Denver: Nach 13,5 Kilometern erreichte er sein Limit. Doch das erreichte er anders als beispielsweise der IconBit, der bis zum letzten Meter die volle Power entfaltete. Der Denver-Scooter drosselte vorher auf 6 km/h – unfahrbar und ein Sicherheitsrisiko für alle Verkehrsteilnehmer inklusive dem Tester, der deshalb abstieg. In weiter Ferne, bei 16,5 Kilometern, quittierte der Testsieger von TechnoStar seinen Dienst. Für 270 Wattstunden eine durchschnittliche Leistung. Wirklich überzeugend war im Reichweiten-Test nur die Leistung des IconBit. Er stoppte erst nach satten 19,5 Kilometern. Erstaunlich, denn mit 270 Wattstunden bietet der Akku im IconBit die gleiche Kapazität wie die Stromspender im TechnoStar und Denver. Dass er vor dem EM2GO mit dessen knapp 160 Wattstunden liegt, ist hingegen keine Überraschung.
E-Scooter Beschleunigung
Wenn schon nur 20 km/h, dann zumindest schnell? Die Beschleunigung wurde präzise per GPS ermittelt.
Foto: COMPUTER BILD
Eine Kritik müssen sich aber alle Roller gleichermaßen gefallen lassen: Die Reichweitenanzeigen auf den Lenkerbildschirmen sind ein schlechter Witz. Bei einigen Rollern sprang der Wert in wenigen Minuten von "komplett voll" auf "fast leer", nur um dann mit einem Balken Restreichweite 80 Prozent der Strecke abzuleisten. Andere Roller meldeten magische Stromschübe und sprangen innerhalb von Sekunden von "fast leer" auf "halb voll". Eine Achterbahnfahrt, die jedoch zu keinem Zeitpunkt Spaß bereitet. Umso schwerer wiegt, dass allen E-Scootern eine Funktion fehlt, über die selbst eine Simson Schwalbe aus den 1960er-Jahren verfügt: eine Tankreserve. Mit dem Moped hat der Fahrer so zumindest die Chance, einen Tankstopp zu planen und zu erreichen. E-Scooter-Besitzer müssen derweil akzeptieren, dass ihr Gefährt plötzlich und ohne verlässliche Vorwarnung stehen bleibt. Wie man dann zur nächsten Steckdose kommt? Ganz einfach: durch rohe Muskelkraft. Einige Meter lassen sich ohne Batterie fahren, denn ein E-Scooter ist ein Tretroller. Doch das hohe Gewicht und die hochliegenden Trittbretter machen das zu einer schweißtreibenden Angelegenheit. Wer mit leerem Akku eine Steigung zu bewältigen hat, ist nicht zu beneiden.
5 unter 500 Euro: E-Scooter überraschen im Test  Leichtgewichte sind die Roller alle nicht. Ist der Akku leer, wird’s anstrengend.
Leichtgewichte sind die Roller alle nicht. Ist der Akku leer, wird’s anstrengend.
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E-Scooter im Test: Lange Leitung beim Aufladen

Ist die Steckdose dann erreicht, machen die E-Roller aber auch keine gute Figur. Eigentlich sollten sich die relativ kleinen Akkus ja schnell wieder mit frischem Strom betanken lassen, sodass der Besitzer des E-Scooters nach einer kurzen Kaffeepause wieder ein bisschen Strecke machen kann. Doch weit gefehlt. Beim Auflade-Test wollte COMPUTER BILD zunächst wissen, wie lange ein Roller mit entleertem Akku an der Dose hängen muss, bis der Energiespender wieder zu 100 Prozent gefüllt ist. Diese Zeit teilten die Tester dann durch die Reichweite, um herauszufinden, wie schnell ein Kilometer "nachgetankt" ist. Die gute Nachricht: Kein Ladegerät explodierte, alle Roller waren irgendwann wieder aufgeladen. Mehr Positives gibt es aber leider nicht zu berichten. Der schnellste Roller am Ladegerät war der IconBit. Nach 14,4 Minuten reichte die Energie wieder für einen Kilometer Rollerspaß. Der EM2GO brauchte ähnlich lang. Mit rund 18 Minuten dauerte es bei Denver und TechnoStar noch ein Weilchen länger. Der Trekstor hing sogar 26 Minuten an der Dose, um genug Saft für nur 1.000 Meter zurück in den Akku zu pumpen. Zum Vergleich: Der Testsieger aus dem vergangenen Jahr brauchte pro Kilometer nur 7 Minuten am Ladekabel. Nur der EM- 2GO war in weniger als 4 Stunden wieder aufgeladen. Schlusslicht ist der Trekstor mit 5 Stunden Ladezeit – und das für gerade mal 11 Kilometer Gesamtreichweite.

Die besten E-Scooter mit Straßenzulassung

E-Scooter im Test: Pack ma's

Zum Abschluss des Tests stand der Abtransport an: So ein kleiner Roller müsste ja eigentlich problemlos ins Auto passen, oder? Leider nicht: Wer einen Kleinwagen fährt, kann schon mal die Rückbank umklappen. Zwar sind die Roller allesamt recht kompakt gebaut und lassen sich mal mehr, mal weniger problemlos zusammenklappen. Aber der Teufel steckt im Detail: Anders als bei hochpreisigen Rollern ließen sich bei keinem E-Scooter im Test die Lenkerenden wegklappen. Wer den Denver oder EM2GO verstauen will, kann zwar dessen Griffe abschrauben, sonderlich viel Platzersparnis bringt das aber nicht. Immerhin: Der Denver passte quer mit nur einem Handgriff in den Kofferraum eines VW Polo. Die anderen Roller im Test waren aber entweder zu lang, oder die Lenker kollidierten mit der Heckklappe. Wer hier keinen Kombi oder SUV mit langem und breitem Kofferraum besitzt, kann den E-Scooter nicht zum Familienausflug mit den Kindern auf der Rückbank mitnehmen.
E-Scooter Kofferraum
Bei umgeklappter Rückbank ist der Transport kein Problem. Quer passen die meisten E-Scooter nicht rein, denn die Lenker sind nicht klappbar.
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E-Scooter im Test: Das Fazit der 5 unter 500

Klar, mit dem rund 1.500 Euro teuren Testsieger Egret Ten V4 aus dem vergangenen Jahr hält keiner der Günstig-Roller mit. Aber für weniger als 500 Euro bekommen Käufer heute schon solide und vor allem sichere E-Scooter: Die Bremsen aller Testkandidaten waren top, an der Stabilität und Konstruktion gab es ebenfalls nichts zu bemängeln. Den Rotstift haben die Hersteller vor allem am Akku und Motor angesetzt. So sind Fahrdynamik und Reichweiten nicht auf dem Niveau von Topmodellen. Richtig schlecht waren aber nur die Ladezeiten. Doch wer mit längeren Ladepausen leben kann, findet etwa im Testsieger TechnoStar TES 200 E-Rich für knapp 400 Euro einen soliden E-Roller mit kraftvollem Motor, guten Bremsen und hohem Fahrkomfort. Aber auch der etwas langsamere Preis-Leistungs-Sieger EM2GO FW103-ST ist für kurze Strecken alltagstauglich.